Wolfgang on the road

Was ich mir wünsche

Vorausschicken moechte ich, dass eine solche Betrachung natürlich sehr stark auf die eigene Person zugeschnitten ist. Was dem einen sein Uhl, ist dem andern sein Nachtigall...
Besonders gefällt mir die überwältigende Freundlichkeit der Leute, besonders der jungen Leute. Wenn man sie auf der Strasse sich unterhalten sieht, sind sie immer fröhlich. Wenn ich im Supermarkt nach etwas frage, geben sie gern Auskunft - wenn auch manchmal leicht verlegen wegen des mangelnden Englisch. Ein Student hat mir drei Stunden geholfen, eine englische Version von Win 7 zu finden und zu installieren (man glaubt nicht, wie Programme und Versionen inkompatibel sein können). Das Mädchen an der Essensausgabe - eine Studentin - arbeitet dort vier Stunden am Tag, selbstverständlich auch am Wochenende. Sie ist aber immer gut gelaunt und macht ihre Spässe mit mir.
Das bringt mich zu einem Hauptwunsch. Wenn doch nur mehr Leute englisch könnten! Dieser Mangel ist eine riesige Barriere zu Land und Leuten. Ich habe genausolang in Hongkong gelebt, nach meinem Gefühl wie ein Fisch im Wasser. Alles war zweisprachig angeschrieben, die Fahrpläne lesbar, es gab genug Leute, die Englisch verstanden (nach Schulrecht sollten es eigentlich alle können). Hier würde ich mich nicht allein aus der Stadt trauen: um ehrlich zu sein, nicht einmal zum Bahnhof.
Ein weiterer Punkt ist das Essen. Vorweg: Ich mag es, aber mit Einschränkungen. Vor allem nicht scharf, „bu la“.
Die chinesische Küche ist von Provinz zu Provinz sehr unterschiedlich, manche so, dass einem das Feuer aus der Gurgel kommt. Wie im Restaurant gegessen wird, habe ich ja schon beschrieben. Ich selbst lebe ein wenig anders. Morgens mache ich mein Frühstück selbst mit den Kostbarkeiten eines Brotes von Metro und eines Nescafes. Mittags seit fünf Wochen Nudeln mit einer Winzigkeit an Gemüse und noch weniger Fleisch. Abends dasselbe, dazu kaufe ich mir Orangen und eine Dose Bier. Unnütz zu sagen, dass ich nach meiner Schätzung schon mindestens zwei Kilo abgenommen habe. Umgekehrt gibt es aber Highlights. Angeschlossen an die Studentenmensa ist eine Edelcafeteria. Dort gibt es Neuseelandsteaks, Schnitzel auf Chinesisch usw. Ausgerechnet dort habe ich den besten Kona-Kaffee (aus Hawaii) bekommen, den ich je getrunken habe. Aber das rettet mein Bäuchlein auch nicht mehr.
Nach zwei Tagen habe ich mit Stäbchen gegessen. Ich benutze sie nicht ganz richtig, einmal weil es so bequemer für mich ist, zum andern, weil mir dann jeder sagt, wie ich sie eigentlich benutzen sollte, und so beginnt ein zwar mühsames, aber oft unterhaltsames Gespräch.
Ein weiterer Wunsch: Genügend, saubere und mitteleuropäische Toiletten. Schon Südfrankreich oder Italien liefern ja einen Vorgeschmack, wenn sie nicht da sind. Auch fliessend Wasser wäre schoen. Es ist nicht empfehlenswert, ohne Papiertaschentücher unterwegs zu sein.
Zusammenfassend: Sicher weit mehr Gutes, manches aenderungswürdig. Solche Aufenthalte wären vor allem für junge Deutsche wichtig:
- den Fleiss der chinesischen jungen Leute zu sehen
- zufrieden zu sein mit der eigenen wirtschaftlichen Lage,
- zu ueberlegen, wie wir diesen Zustand halten können,
- zu lernen, wie man woanders - speziell im Ausland - zurechtkommt.
Vor allem zum dritten Punkt bekomme ich gerade hier leichte Bauchschmerzen.

Aktuell: Die Temperaturunterschiede Deutschland/meine Provinz sind mehr als 20 Grad. Hier
14 Grad. Am Sonntag war es so warm (so gegen 18 - 20 Grad), dass ich verbruzzelt bin.
Gruesse an Euch alle.

Wolfgang