Wolfgang on the road

Die erste Bilanz!

Heute will ich Horst nacheifern und etwas zur Wirtschaft schreiben. Nicht über die in der Hoheleye, sondern über die große Weltwirtschaft, sprich China. Der aktuelle Anlass ist, dass ich mein erstes Gehalt bekommen habe, genauer gesagt meine Reisekostenerstattung und einen gewissen kleinen Kostenausgleich. Das sieht auf dem Konto gewaltig aus, wenn man bisher 8.50 EU Einlage hat und dann plötzlich eine Zahl in den Zehntausenden dasteht, aber dann macht man sich schnell klar, dass diese durch ca. 10 zu teilen ist, um wieder auf EU zu kommen. Damit bin ich fast wieder beim Flugpreis gelandet.
Trotzdem hat sich die Situation damit entscheidend verändert. Bis jetzt war ich nach erstem Hinsehen finanziell auf dem Zahnfleisch. Bis heute hatte ich vielleicht noch 40 EU. Das klingt nach wenig, hätte mich aber noch eine ganze Zeit über die Runden gebracht. Ich esse ganz bescheiden mittags und abends meine Nudeln, pro Essen 44 cts. Da sind sogar noch zwei Dosen Bier möglich, zusammen 66 cts. Diese beiden machen mich aber nicht zum Alkoholiker, wie früher beschrieben (2.2 % Alkohol). Mein geliehenes Kinderfahrrad (für das ich sehr dankbar bin) ölen lassen: 11 cts. Heute hatte ich noch einen schweren Einbruch von 10 EU, man hat mir aus der Metro Käse, Butter und quasi-deutsches Brot mitgebracht. Aber wie gesagt, jetzt lebe ich wieder wie der Fürst. Das Leben erscheint billig (und ist es auch für einen Teil der Bevölkerung), aber es gibt genug total verhärmte Leute, die vom Abfallsammeln leben. Ich sehe das jeden Tag. Ich sehe auch die schweren schwarzen Limousinen.
Beruflich geht es sehr gemischt. Die Arbeit mit den Studenten und die Vorlesung machen mir sehr viel Freude, den Studenten wahrscheinlich weniger. Ich bin bis abends spät an der Vorbereitung, heute bis 10:00 Uhr.
Eine deutsche Firma, die sehr interessiert war mit uns zusammenzuarbeiten, meldet sich plötzlich nicht mehr. Dafür habe ich am Sonntag eine chinesische Firma besucht, die das Grundmaterial herstellt und nur zu interessiert an einer Kooperation ist.
Ich verstehe die Situation nicht ganz: Hier wäre der ideale Enstieg möglich, mit viel Manpower, sehr viel Geld aus allen möglichen Quellen, und deutscher vermittelnder Unterstützung. Die Chinesen nehmen die Chance war, wir nicht.
Noch einmal zur Wirtschaft zurück: das gleiche Prozess-Gerät kostet in chinesischer Herstellung ein Zehntel des deutschen Preises, bei manchen allerdings nur ein Drittel.
Es ist auch deutlich kälter geworden. War es anfangs 25 Grad warm, hat es jetzt so ca. 10 Grad, abends auch weniger. Der Temperatursturz kam innerhalb von drei Stunden. Ich bin ohne Mantel gekommen. Sommer- und Wintergarderobe zusammen hätte die Lufthansa überfordert. Diese Situation ist nicht einfach. So eine Kälte kann nur durch blutbahnerweiternde Massnahmen bewältigt werden.
Unser alter Fussballfreund Huang hat mir heute geantwortet, nachdem ich mich per Email gemeldet habe. Er hofft, mich bald einmal zu sehen. Ich werde dann von Euch allen grüßen.

Neue Eindrücke

Inzwischen geht das Leben weiter. Ich habe die Bekanntschaft des (chinesischen) Dekans der Kunsthochschule gemacht. Das Gespraech war rein schwaebisch-badisch. Er war ueber 20 Jahre Laehrer (woertlich!) an verschiedenen Wuerttembergischer Musikschulen und -akademien. Auch ich war ja 35 Jahre im Ausland.
Die Kurse gehen weiter, mit erstaunlich geringem Schwund. Fuenf der Hoerer sind mit mir in die Stadt gefahren zum Einkaufen. So etwas freundlches und hilfsbereites erlebt man selten. Vielleicht wirkt hier das Amt ein bisschen mit. Ich habe noch einige Bilder beigefuegt. Die Drachen sind am einem der Eingangstore. Sie sind mit echtem Gold bemalt. An der Seite erkennt ihr noch ganz leicht eine Art Amphitheater. In dessen Mitte (der runde Kreis) stehe ich und deklamiere die Vorlesung in die Raenge. Das Theater umfasst 5000 Zuhoerer: allerdings ist die Aufnahme gerade fuenf Minuten nach Beginn meiner Vorlesung gemacht.
Ein weiteres Bild zeigt die Statue des grossen Philosophen Konfutius, in Deutschland kurz als Kung Fu bekannt. Sie steht vor der oben genannten Kunsthochschule.
Morgen ist Arbeit angesagt. Ich werde eine Fabrik fuer Solarzellen-Grundmaterial besichtigen.
Bei mir ist es schon 16:30; ich wuensche Euch fuer das Spiel nachher gutes Wetter und hinterher die ueblichen humanistischen Gespraeche, vor allem ueber Ehe und Familie, bei richtigen Getraenken. Es hat mich schon immer gestoert, dass wir nicht die richtigen Saefte getrunken haben. Der Kaiserstuehler Winzer weiss viel besser, was ein erschoepfter Koerper braucht.




Bis naechstes Mal, Wolfgang

Heute wenig Worte - mal Bilder

Fotos!






Die neue Wirkungsstätte!

Die ersten Eindrücke!

Seit einer Woche bin ich jetzt in N. Der Campus liegt so eta 25 km ausserhalb der Stadt. Es gibt nur einen Bus, der hoffnungslos ueberfuellt ist. Das Appartment ist gut (nach hiesigen Verhaeltnissen luxurioes). Meine Gastgeber haben es mit viel Liebe ergaenzt, so dass ich fast alles habe. Vom 11. Stock habe ich einen umfassenden Blick auf zwei Seen vor dem Haus und im Hintergrund auf die Stadt. Naechstes Wochenende lege ich ein Bild davon bei.
Inzwischen hatte ich dreimal Gelegenheit, bei einer Art Bankett teilzunehmen. Horst kennt die Veranstaltung: In einem separaten Raum eines Restaurants sitzt man an an einem runden Tisch, im dem konzentrisch ein kleinerer, aber hoeherer Drehtisch eingelassen ist. Darauf kommen die Speisen und werden zu jedem Teilnehmer hingedreht. Welche Freude, dass mir einmal das Auge des Huhns (noch am Hals) aus der Suppe entgegengestarrt hat. Auch die Kralle ward mir zuteil.
Am Samstag bin ich in die Stadt gefahren worden. Sie hat etwas feines, naemlich einen Metro-Laden. Ich haette nie gedacht, dass ich mich einmal darueber freuen wuerde. Fast richtiges deutsches Brot! Impoertiertes deutsches Bier! Ich habe allerdings aus bekannter Sparsamkeit heraus hiesiges Bier gekauft. Leider war ein Gehalt von 2.2 % nicht wirklich berauschend, im vollen Wortsinn. Da stirbt man eher an Ueberwaesserung der Blutbahn als an Alkoholismus. Ich glaube, es ist ein probates Mittel, dieses Bier mit billigem Reisschnaps auf Trinkstaerke heraufzusetzen. Heute habe ich im Uebrigen versucht, Kaese auf dem Campus zu kaufen. Hoffnungslos. Einige hochgebildete Chinesen wussten zumindestens, was das ist.
Ich bin ueberwaeltigt von der Freundlichkeit der Chinesen. Man hat mir ein kleines Rad geliehen, und so kam ich voll mit meinem Einkaeufen vor mein Appartment. Eine junge Dame sah meine Last und half mir damit ohne zu zoegern in den Lift.
Geschaeftlich laeuft es auch so langsam an: morgen werde ich meine erste Vorlesung halten. Nach Geruechten sollen sich 15 Zuhoerer einfinden. Leider ist die erste Vorlesung auch die schwierigste. Dazu kommt noch, dass sie oft schlecht Englisch verstehen. Vielleicht stehe ich am Dienstag abend ohne Hoerer da.