Wolfgang on the road

Kongress in Nanjing

Die vergangene Woche war geprägt durch einen Kongress und Vortrag in Nanjing. Ein kurzer Ausflug ins Chinesische: Nan = Süden, jing = Hauptstadt, also Hauptstadt des Südens. Bei = Norden, also Beijing Hauptstadt des Nordens. Nanjing war tatsächlich mehrmals chinesische Hauptstadt.
Schon die Fahrt war ein kleines Abenteuer. Natürlich wurde die Fahrt im Schlafwagen gemacht, im Viererabteil. Drei schnarchende Männer, das gab einen Höllenlärm. Ich selbst schnarche natürlich nie. Die Toiletten reizen auch nicht zu häufigem Gebrauch.
Es wird immer und überall kontrolliert. Zugänge zu den Zügen, Übernachtungen in Hotels usw. nur mit Pass. Im Zug tauscht man die Fahrkarte gegen eine Plastikkarte aus und erhält sie bei Ankunft zurück. Wozu ist mir unklar.


Den nächsten Tag hatten wir nach der Anmeldung frei. Wir besichtigten das Mausoleum von Sun Yat Sen, dem ersten Staatspräsidenten von China nach der letzten (Qing) Dynastie. Die nächsten Bilder zeigen die Stadtmauer, auf der gut und gern zwei Autos neben einander fahren können. Der Treppenaufgang (mit den Lampions) ist Teil einer Befestigungsanlage, die zum Schutz des Kaisers eingerichtet wurde und hundert Meter lange Versorgungsgänge birgt. Das nächtliche Bild gibt nur einen ganz kleinen Eindruck eines romatischen Sees mit angeschlossenem Kanal (Qinhuai River); es hat eine gewisse Ähnlichkeit zu Kolmar im Elsass. Man hat mir erzählt, dass hier immer die Dichter saßen, um auf Eingebungen zu hoffen. Dabei soll es geholfen haben, dass auch immer die hübschesten Damen ihre Ruderpartien aufnehmen.

Die Konferenz war für mich ein wenig schwierig, da bis auf zwei, drei Vorträge alles in Chinesisch gehalten wurde. Mein eigener Vortrag wurde verkürzt, da ich den ersten am Morgen hatte und der Vorsitzende 10 min verspätet begonnen hatte. Er wollte auf meine Kosten die Zeit wieder reinholen und war auch dabei erfolgreich. Peinlich war nur, dass der Vortragende des folgenden Vortrags nicht erschien.
Deswegen habe ich mir am Nachmittag das Nationalmuseum angeschaut. Hervorragend. Schätze von unermesslicher Schönheit. Schon vor 3500 Jahren wurde in China ein kultureller Stand erreicht wie erst wieder von den Römern erreicht wurde.
Ein kleines Intermezzo: Auf dem letzten Bild wälzt sich eine riesige Schlange von etwa 7000 jungen Menschen um die Häuserblocks. Zweimal im Jahr veranstalten die Firmen einen Recruiting Day. Das findet im ganzen Land statt! Wenn man diese Schlange sieht, wird man erschlagen. Im Übrigen ist das Erscheinen grosser Menschenmassen typisch fuer China. Ich war schon erschreckt, wie die Öffnung zu mehreren Zuegen angekündigt wurde und alles auf die Bahnsteige stürmte.
Samstag war der letzte Konferenztag, dann ging es wie gehabt im Schlafwagen nach Haus. Drei schnarchende Männer...







Kurze Einführung in die Halbleitertechnologie

Gestern war Exkursion angesagt. Der Hauptteil der Studenten fuhr im grossen Bus, die mit den höheren Weihen durften zu den Professoren in den Kleinbus. Zuerst ging es zur Firma Lattice Power, die sich auf LEDs spezialisiert hat. Das sind Bauelemente, hier auf Grundlage von Galliumnitrid, die bei Anlegen einer Spannung leuchten. Das tun gewöhnliche Birnen zwar auch. Die LEDs verbrauchen allerding kaum Leistung, die ganze elektrische Energie wird in Licht umgesetzt (bei der Birne verschwindet sie in unerwünschte Wärme) und die Lebensdauer ist ein Vielfaches. Den Vorteil sieht man schon deutlich in der Autoindustrie: es gibt kam mehr Birnchen in den Scheinwerfern und Rückleuchten.
Mit Freude habe ich in den Produktionsräumen Geräte der Fa. Aixtron gesehen: ich habe vor etwa 20 Jahren die Gründung der Firma miterlebt. Es stört hier niemand, wenn Ammoniak (das gelbe Fass) austritt und die Nasen spült. Die Firma ist der Stolz unserer Provinz und riesiges Gelände ist für ihre Erweiterng vorgesehen (s. Bild vom Dach ). Wenn man es geschickt macht, kann man farbiges statt weisses Licht erzeugen. Damit kann man einen RGB (rot grün blau) Bildschirm bauen. Die Ergebnisse sind in Wirklichkeit noch überzeugender als im Photo (die Äpfel) zu sehen.




Die nächste Station war eine Firma, die hochreines Silizium herstellt. Das geschieht in sogenannten Ziehöfen, in denen das Grundmaterial, noch ungeordnetes Silizium, aufgeschmolzen wird. Diese Öfen sind wie eine Allee angeordnet. Innen sind Graphit/Quarz-Tiegel, in denen dieses Silizium aufgeschmolzen wird. Den einzelnen Tiegel und die Schmelze sind in drei Bildern dargestellt. Jetzt wird von oben ein Stab eingeführt, an des unterem Ende ein kleines Stück schon "gutes" Silizium (ein Impfling) befestigt ist. Dieser Impfling netzt die Oberfläche der Schmelze, diese erstarrt dort, da der Impfling Kälte mit sich bringt und nimmt die Kristallform des Impflings an. Es sind in den Bildern mit der Schmelze zwei Phasen dargestellt: Im ersten Bild sieht man den Stab mit dem Impfling, im zweiten wurde schon eine grosse Menge an Silizium herausgezogen.
Das Silizium wird beim Herausziehen breiter und breiter und kann bis 30 cm oder mehr Durchmesser haben. Wenn der Ziehvorgang beendet ist, ergibt sich ein Kristall, der im vorletzten Bild zu sehen ist (etwas unglücklich photographiert: die hintere Säule hat nichts damit zu tun). Oben sieht man noch den Impfling. Dieser Kristall wird normalerweise wie eine Salami in Scheiben gesägt, so dass man diese zu chips in einer Grösse von ca. cm x cm weiterbearbeiten kann. Das hätte für die Solaranwendung keinen Sinn. Für die Module braucht man quadratische Scheiben. Deshalb werden die Kristalle in Längen von ca. 50 cm geschnitten und an den Seiten vier Halb- oder kleinere Monde weggeschnitten. Wenn man jetzt den Kristall in Scheiben schneiden würde, hätte man schon fast die gewünschten Quadrate. Es bleiben aber noch kleine Rundungen an den Diagonalenden übrig. Diese nimmt man in einem zweten Schnitt vorher weg. Wenn Ihr den eingespannten Kristall und die weggeschnittenen Anteile anschaut, versteht Ihr sicher, was ich etwas umständlich beschrieben habe.


Im übrigen Danke ich für das Video. Es ist schon sehr pietätvoll, nicht nur mir, sondern auch meinem Fahrrad die letzte ölung zu spenden.

Grüsse an Euch alle, Wolfgang






Kultur!


Vergangenes Wochenende kam ein ehemaliger Doktorand zu Besuch. Wie es sich für einen Absolventen aus unserer berühmten Universität gehört, ist er jetzt Technischer Direktor einer grossen Solarfirma nahe Schanghai (kleiner Abstecher am Rand: Vor ca. einem Jahr gab es einmal einen Skandal wegen des Verkaufes von Doktortiteln durch Professoren. Laut Westfälischer Rundschau wären auch berühmte und renommierte Universitäten, auch die in unserer Stadt, verwickelt gewesen. Die Frage meiner Mitarbeiter war, ob es in unserer Stadt noch eine weitere Universität gäbe).
Der Dekan hat die Gelegenheit wahrgenommen und uns zu einem Wochenende eingeladen. Unsere Provinz ist für zwei Dinge bekannt: Die Krabbensaison und die Zugvögel aus Sibirien. Zu den Krabben hat es gelangt, wie das Bild zeigt. Der Wirt erscheint dazu mit einem riesigen Teller. Unter Anleitung habe ich mich daran gemacht, eine Krabbe mit den blossen Händen zu erlegen. Die Viecher sind aussen äusserst widerspenstig, aber wenn man ins Innere gelangt ist, eine Delikatesse. Das Essen findet auf einem Plankenboden am Rande eines der zahlreichen Seen statt, wo die Krabben gefischt werden.
Für die Zugvögel war es leider noch zwei Wochen zu früh. Sie kommen dann immer zu einem bestimmten See, obwohl es darum herum Hunderte hat. Deshalb sind wir auf ein Thermalhotel ausgewichen, ebenfalls auf den Bildern zu sehen. Das ist Badenweiler mal 50. Es gibt darin so alles an Erquickung, fünfstufige Bäderlandschaft mit zunehmenden Temperaturen, medizinische Bäder von tibetisch bis Ginseng und für mich unbekannte Heilpflanzen, Bäder mit einer Art Torfzugabe, Eingrabung in heissen Sand, Bäder nach Geburtsjahr (für mich die kleine Schlange), Bäder nach der Laotse Philosophie usw.
Das Bad liegt am Rande einer bergischen Landschaft, wo zahlreiche Stauseen beginnen. Eines der moderneren Boote darauf seht Ihr ebenfalls in den Bildern. Da uns das Geld dafür nicht gelangt hat, sind wir auf ein einfaches Doppelboot mit Muskelkraft ausgewichen. Auch hierfür gibt es einen photographischen Nachweis.
Die Gegend ist reich an verschiedenen Kulturen. Orangenbäume, soweit das Auge reicht. Wahlweise auch Baumwolle oder Früchte, die ich nicht kenne (z. B. die gurkenähnliche Frucht, die auf Baeumen waechst). Reisfelder ueberall. Zur Abwechslung auch Lotus, der nicht zur Entzückung der Damenherzen gezogen wird, vielmehr wird daraus Gemüse gemacht.
Auch für Christian habe ich ein Schmankerl. Der Sender CCTV 5 hat sich ausfürlich mit der Situation von Schalke - 000 beschäftigt und dabei einen direkten Vergleich zwischen Raul und meinem Landsmann Hao angestellt. Mein Landsmann kam dabei sehr gut weg, vor allem seine Freistösse wurden gerühmt und gezeigt. Ihr seht damit auch, mein Chinesisch wird jeden Tag besser.

Fuer weitere kulturelle Ausfuehrungen gern bereit, Wolfgang