Wolfgang on the road

Die letzte Woche

So langsam naht das Ende meines Aufenthaltes. Ich bin schon dabei, einiges aufzuräumen. Viel will noch gemacht sein: die Bank, Telefongesellschaft, die Vermietung usw. An Kursen will ich noch eine Doppelstunde geben, dann kommen die Prüfungen. Diese werden von den Studenten schon mit Herzklopfen erwartet. Ich habe aber fest vor, keinen durchfallen zu lassen. Der eine Grund dafür ist, dass sie sowieso ein riesiges Problem mit der Sprache haben. Der andere ist, dass alle sehr bemüht sind. Mir hat der Umgang mit ihnen gut getan.

Eine schlechte Erfahrung habe ich allerdings gemacht. Man hat mir mein geliehenes Fahrrad gewissermassen unter dem Hintern weggestohlen. Ich bin mittags zum Essen gefahren, habe das Fahrrad abgeschlossen, und wie ich nach 20 min wiederkam, war es weg. Und jetzt kam etwas großartiges: Die Studenten wussten, dass eine Kommilitonin ihr Rad nie benutzt, und haben sie gefragt, ich ich es leihen kann. So habe ich auf die letzten Tage noch ein Fortbewegungsmittel. Ohne dieses würde ich gewaltig Zeit verlieren, der Campus ist doch sehr ausgedehnt.

Gerade eben komme ich von eine photographischen Ausstellung zurück. Wie ich das so erwarte, bin ich vom Praesidenten der Photographischen Vereinigung interviewt worden: Was mir am besten gefällt, was mir die Bilder sagen usw. Natürlich ist das nur auf die Reklamewirkung zurückzuführen, wenn ein ersichtlicher Ausländer die Ausstellung besucht.

Ich komme in große Schwierigkeiten, wenn ich sagen soll, wie mich der Aufenthalt persönlich betroffen hat. Auf der einen Seite ist es nicht immer leicht, als Einzelkämpfer vor sich her zu wursteln. Freizeit und Unterhaltung sind praktisch gleich null. Es gibt einen englisch-sprachigen Sender (als Gegenstueck zu CNN gedacht) mit stark verkürzter Sichtweise der Dinge. Ein Hongkonger Sender hat wenigstens englische Untertitel. Die Inhalte sind aber meistens Rachedramen aus dem Mittelalter mit vielen Kung-Fu Einlagen oder moderne Liebesgeschichten mit einem “Tatsch” Krimi, aber auf den chinesischen Geschmack getrimmt. Der letzte Sender ist ein Sportsender, der stundenlang Federball zeigt. Aus dem Campus rauskommen ist auch schwierig, wie ich schon geschildert habe. Auf der anderen Seite habe ich viel Solidarität erlebt, viel Herzlichkeit vor allem der Studenten, neues gesehen und gelernt. Auch meine frühere Arbeit habe ich zumindest in einem gewissen Grad weiterführen koennen. In diesem Zusammenhang sollte ich erwähnen, dass man mir verschiedene Angebote gemacht hat, die auf eine Arbeit über das ganze Jahr hinauslaufen würden. Die Frage ist, überspitzt ausgedrückt, wo das geringere Übel ist, in China oder Deutschland. Das will alles sorgfaeltig überlegt sein.

Ich fürchte auch, dass wir jetzt weniger Kontakt haben; es gibt ja nicht mehr so viel zu schreiben. Das ist Teil der Preises, den ich für den Umzug weg von Hagen bezahlt habe.

Wolfgang