Wolfgang on the road

Kurioses zum Schluss

Ich muss vorausschicken, dass vor einigen Wochen ein Bekannter (nicht unser ehemaliger Sportsfreund) sich entschlossen hat, seine eigene Solarzellenfirma zu gründen. Dazu hat er mich als Principal Scientist ernannt. Das hört sich nach mehr an, als es wahrscheinlich ist. Zur Starterleichterung hat er mit anderen Institutionen und Firmen einen Forschungsantrag an die Regierung gestellt. Die Höhe war gewaltig. Am Mittwoch abend hat er erfahren, dass die erste Runde eines zweistufigen Verfahrens erfolgreich war. Am Freitag sollten die verbliebenen Antragssteller einen einstündigen Bericht in Beijing vortragen. Nun wurde es als unabdinglich angesehen, dass ich dabei sein sollte. Ich habe alle Gründe angegeben, warum ich das nicht könnte, heftiger Schneefall (10 cm in Südchina und unter null Grad!), Sprachprobleme, Abschlussexamina, nichts hat geholfen. Also bin ich am Donnerstag abend mit einem Assistenten nach Beijing geflogen, habe mir den Probevortrag des Schriftführers angehört und bin nach Mitternacht ins Bett. Die Vorträge sollten am Freitag um 8:30 beginnen, unserer zuerst, weil ich wegen der Prüfungen das Flugzeug um 11:20 zurück erreichen musste. Das Kommittee war um erst kurz nach 9:00 anwesend, mir lief die Zeit davon. Meine Sorge war unbegründet. Ich wurde als Ausländer von der Sitzung und dem selbst miterstellten Vortrag ausgeschlossen. Wäre ansonsten noch etwas besprochen worden, ich hätte es eh nicht verstanden. Das Kommittee hat sich offenbar auch vorher nicht die Zeit genommen, um in den Antrag reinzuschauen und unerwünschte Personen vorzuwarnen. Ich habe ein wenig über die Gruende des Ausschlusses nachgedacht. Der erste ist wahrscheinlich die mangelnde englische Sprachkenntnis. Und selbst wenn die dagewesen wäre, gibt es noch die mangelnde Sachkenntnis. Da war mein Ausländertum ein guter Grund. Und trotzdem war es wichtig, sich zu zeigen. Ohne die physische Präsenz der Beteiligten wird der Antrag nicht ernst genommen. Ich bin jetzt gespannt, wie er ausgeht.
Eine Nebeninformation: Solarzellenfirmen spriessen derzeit wie Pilze nach einem warmen Regen aus dem Boden. Es gibt ernsthafte Angaben, dass das eingesetzte Kapital in einem Jahr wieder erwirtschaftet wird. - Heute nach nur zwei Tagen ist es wieder schön warm, morgen soll es 11 Grad haben. Ich bin gespannt, wie die Temperaturen in Deutschland sind. Vor allem
wird es wichtig, dass ich in Frankfurt landen kann. Ich bin auch so 25 Stunden auf Achse. Wenn ich den letzten Zug nicht mehr erreiche, kann ich noch einmal sechs Stunden mindestens draufhauen.

Grüße an alle, Wolfgang

PS.: Ich wollte noch etwas zu meiner Nebenbemerkung am Schluss ergaenzen. Die armen Studenten hier haben natürlich keinen Ofen im Zimmer. Öfen gibt er erst in Universitätsstädten nördlich des Yang Tse Flusses. Den armen Leuten bleibt nur übrig, bis spät in die Nacht in die Uni zu gehen (auch die ist elend kalt in den meisten Räumen) oder ins Bett.